Im Blickwechsel mit der Schwarzwaldgams

 

Wie bereits im Eintrag "Höhenrausch" im September 2018 avisiert, habe ich mich etwas intensiver mit der Schwarzwaldgams beschäftigt.

 

Im Rahmen eines Projektes für einen Beobachtungsweg zum Biosphärengebiet Schwarzwald sowie der Badischen Jäger Lörrach e.V. | Hegering 5 "Oberes Wiesental" fanden zu unterschiedlichen Jahreszeiten mehrere Besuche in einem Gamsrevier im Schwarzwald statt.

Auf den ersten Blick erscheint es ungewöhnlich, die an den Lebensraum im Hochgebirge angepasste Gams im Mittelgebirge des schönen Schwarzwaldes anzutreffen. Im Gegensatz zur typischen Gratgams der Alpen, die ihren Lebensraum in Hochlagen oberhalb der Baumgrenze findet, handelt es sich im Schwarzwald, in dem felsdurchsetzte Waldregionen besiedelt werden, um reine Waldgams.

 

In den Jahren 1935 bis 1939 wurden in drei Etappen insgesamt 21 Tiere aus Österreich im südlichen Baden-Württemberg ausgewildert – in einem Gelände in dem sie bis zum Ende des 14. Jahrhunderts natürlich vorkamen. Anfänglich waren die Erwartungen an die Wiedereinbürgerung des tagaktiven Hornträgers sehr zurückhaltend. Ohne an etwaige Folgen für die Umwelt zu denken wollte man einer Wildart, die bereits im Mittelalter im Schwarzwald erwähnt wurde, einen angestammten Lebensraum zurückgeben.

 

Wie die nachfolgenden Belastungsfaktoren zeigen, hat es die mittlerweile auf rund 1.500 Tiere angewachsene Population nicht leicht:

 

  • ein ungelenkter Naturgenuss kann zu einer schlechteren körperlichen Verfassung der Tiere führen, da diese sich auf eventuell entstehende unsystematische Beunruhigung nicht einstellen können und immer wieder von Äsungs- oder Ruheflächen vertrieben werden
  • Konflikte zwischen Jagd und Waldbesitz aufgrund möglicher Schäden durch die Gams an Forstpflanzen
  • teilweise Verdrängung des Gamswildes aus idealtypischen Lebens- und Äsungsräumen durch verstärkte Nutztierhaltung und die damit verbundene Einzäunung entsprechender Flächen

 

Erwähnenswert ist die Tatsache, dass die in Fotografenkreisen so beliebte französische Gams in den benachbarten Vogesen auf eine Fangaktion im Jahr 1956 im Schwarzwald zurückzuführen ist.

 

Wer sich in den Blickwechsel mit der Schwarzwaldgams begeben und mehr über diese faszinierende Wildart erfahren möchte, dem sei der Beobachtungsweg vom Fahler Wasserfall nach Brandenberg bei Todtnau empfohlen. Hier finden sich Informationstafeln und mit etwas Glück kann auf der rund 3 Kilometer langen Strecke auch die ein oder andere Gams beobachtet werden.

 

Da sich die Gams und andere Wildtiere in der Regel nicht an unvorhersehbare Störungen gewöhnen, bitte ich jeden interessierten Besucher folgende Grundsätze der Fairness gegenüber den Tieren zu beherzigen:

 

  • nur die ausgewiesenen Wege nutzen
  • Wildruhegebiete und gesperrte Bereiche nicht betreten
  • Hunde im Wald und an nicht einsehbaren Stellen anleinen oder nah bei Fuß führen
  • Wald und Waldränder in der Dämmerung und bei Nacht meiden

 

Zuletzt möchte ich mich bei all jenen bedanken, die mir mit ihrer Gastfreundschaft das Kennenlernen der beeindruckenden Schwarzwaldgams sowie viele der Aufnahmen ermöglichten. Immer wieder bin ich gerne in der Region und freue mich, wenn die ein oder andere zwischenzeitlich schon "gut bekannte" Gams vor der Linse der Kamera posiert.


Kommentare: 2
  • #2

    Helmut (Sonntag, 05 Juli 2020 11:00)

    Toller Bericht über eine interessante Initiative. Man weiß oft wenig über Dinge in der Nähe. Schön, wenn "Botschafter" uns dies berichten.
    Weiter so, Marco!
    Grüße, Helmut

  • #1

    Ute Jacob (Samstag, 04 Juli 2020 23:36)

    Lieber Marco, wieder einmal was über die Gams im Schwarzwald gelernt. Tolle Fotos! �